10.06.2016 - 07:30 Uhr
Während eines Diskussionsforums in Etzdorf werden Forderungen laut, den Protest gegen die rot-rot-grünen Ausbaupläne zu intensivieren. Die Entschlossenheit der Bürgerinitiativen nimmt spürbar zu.
Bei uns sollen 365 Hektar Wald gerodet werden, schimpfte Walter Rosenkranz aus Sankt Gangloff. Er sieht keine andere Möglichkeit mehr, als dass alle nach Erfurt fahren mit den Wende-Schildern Wir sind das Volk! Foto: Steffen Beikirch
Etzdorf. Wenn die Damen und Herren der Landesregierung nicht zu uns kommen, dann gehen wir eben zu ihnen. Holger Sehr freut sich über den kämpferischen Ton, den die Vertreter der Bürgerinitiativen gegen Windkraft mittlerweile anschlagen. Der Vorsitzende des Thüringer Landesverbandes Energiewende mit Vernunft (ThLEmV) stimmt ihnen zu: Es sei an der Zeit, deutlicher zu werden, den Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Man habe es ja heute wieder gesehen, sagt Sehr nach einem gut dreistündigen Austausch in der Festscheune von Etzdorf (Saale-Holzland-Kreis).
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) war persönlich eingeladen, aber nicht wirklich erwartet worden. Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) schon eher. Dass beide nicht mal einen Vertreter schickten, sorgt für eine leicht gereizte Grundstimmung.
Übergreifende Aktionen in neuer Qualität geplant
Ich bin hergekommen, um einige Fragen zu stellen. Nur leider sind die Leute, denen ich sie stellen wollte, nicht da, ärgert sich Jens Maul aus Pausa (Sachsen). Er vertrat das sächsisch-thüringische Grenzgebiet. Mit einer eigenen Karte hat er die enorme Konzentration von Windenergieanlagen im bayrisch-thüringisch-sächsischen Vogtland dokumentiert. Nun schimpft er über die Arroganz und Ignoranz, mit der die Politik hier nicht nur Sachargumente, sondern auch den Bürgerwillen ignoriere. Die Deutschen seien nun mal so veranlagt, dass sie brav eine Bürgerinitiative gründen. Und was ist das Resultat? Wir unterhalten uns mit uns selber. Vielleicht, so sein Vorschlag, sollten die BI übergreifende Aktionen starten. Und zwar solche, die ein bisschen gegen den Strich bürsten.
Da konnte Tobias Gruber von der BI Sankt Gangloff gleich ein aktuelles Beispiel liefern: Am Samstag hatten mehrere BI den Grünen bei einem Biobauern in Tautendorf aufgelauert. Das war sehr erfolgreich. Die waren ziemlich blass, so Gruber. Aktiv und kreativ müsse man sein.
"Landrat des Saale-Holzland-Kreises: Wir hatten bei Windkraft keine andere Wahl"
Der Thüringer Dachverband, das bestätigen Vorstandschef Holger Sehr und Vorstandssprecher Eckart Illian, plane bereits gemeinsame Aktionen mit dem Bundesverband Vernunftkraft. Allerdings hätten die einzelnen Bürgerinitiativen auch lokale Interessen, die sich unterscheiden. Deshalb sei es sehr schwierig, alle Leute unter einen Hut zu bringen. Der Landesverband vereint bereits 25 BI.
Landrat Andreas Heller (CDU) wiederholt seine eindeutige Haltung zur Windenergie. Er beklagt sich über die ideologische Ausrichtung auf diesen Schwerpunkt. Heller ruft dazu auf, weiter gute Sachargumente zu sammeln.
Drei Fachvorträge liefern Munition
Dafür liefern an diesem Abend drei Fachvorträge reichlich Munition. ThLEmVVorstandsmitglied Kay Kister nennt Zahlen und Fakten zur Windenergie als Placebo mit Nebenwirkungen, der Jenaer Naturschützer Dietrich von Knorre schildert die Konflikte zwischen Windkraft und Tierwelt, die sächsische Forstingenieurin Karin Hohl beschreibt mit großer Leidenschaft, warum Windkraft im Wald ein ökologisches Desaster ist.
Die Argumentationslinien aus den drei Vorträgen hat sich Landrat Heller gleich bei den Autoren bestellt. Denn noch bis 12. Juli ist es möglich, Anregungen und Bedenken zum Regionalplan-Entwurf für Ostthüringen Abschnitt Windvorranggebiete einzureichen.
Nur kurz behandelt wurde eine wichtige Änderung des Erneuerbare Energien-Gesetzes, die das Bundeskabinett am selben Tag beschloss. Sie bremst den Windkraft-Ausbau in Thüringen wären pro Jahr künftig nur noch 30 neue Windräder möglich. Aber: Das Erfurter Umweltministerium hat bereits angekündigt, an seiner Planung nichts ändern zu wollen.
Steffen Beikirch / 10.06.16 / OTZ